Gelenksgallen – Schwellungen der Gelenkkapseln (Bursitis)
„Diese Entzündung der Gelenkkapseln -schleimhäute (Bursitis) ist bei Pferden sehr häufig anzutreffen. Es handelt sich um ödematöse Schwellungen, besonders in Fessel- und Sprunggelenksbereich. Diese treten oft nach Überanstrengung, nach längerem Reiten, Arbeit auf harten Böden, oder nach langen Standzeiten auf. Dann sind besonders die Fesselgelenke angelaufen. Ältere Tiere, wie auch zu früh in Arbeit genommene, oder zu früh angerittene Pferde sind dafür prädisponiert.
Anfangs sind Gallen weich und schwellen bei Bewegung des Tieres leicht wieder ab. Durch fortgesetzte Bewegung wird die vermehrte Ansammlung von Gelenksflüssigkeit leichter resorbiert. Allerdings haben Gallen tendenziell die Eigenschaft chronisch zu werden. In der Regel bleiben die Tiere selbst bei chronischen Fesselgelenksgallen, welche nicht durch Verletzung entstanden, voll gebrauchsfähig. Gallen können auch durch Verletzungen entstehen. Die durch Verletzung, Überdehnung der Sehnen- und scheiden, oder Zerrung des Gelenks verursachten Gallen, werden, je nach dem betroffenem Gelenkarreal auch Piephacke, Kurbe oder Hasenhacke genannt. Gallen am vorderen Teil des Sprunggelenks (Tarsalgelenk) heißen Kreuzgallen. Das Pferd geht, je nach Schweregrad „fühlig“, auf den Zehen, lahmt und hebt die Ferse an. Nach dem entzündlichen Anfangsstadium kann die Galle in ein chronisches Stadium übertreten, wo es in der Umgebung zu Vernarbungen kommen kann. Diese Vernarbungen können immer wieder Ursache für Entzündungen im Gelenksbereich, oder Sehnenproblemen sein. In solchen Fällen ist es nötig das chronische Stadium wieder in ein akutes, entzündliches zurückzuführen, damit überhaupt mit Aussicht auf Erfolg therapiert werden kann. Chronische Gallen fühlen sich faserig-derb an und sind nicht mehr so leicht eindrückbar wie akute. Selten kommt es bei chronischen Gallen zu Schmerzreaktionen bei Pferden. Piephacke, Kurbe oder Hasenhacke können auch durch Überdehnung oder Zerrung des Gelenks verursacht werden.
Bei Diagnose und Behandlung ist die Bewegungsmodalität von entscheidender Bedeutung: bessert langsame fortgesetzte Bewegung?, oder bessert Ruhe? In den meisten Fällen bessert Bewegung, doch wenn Ruhe bessert kann meist nicht auf Bryonia alba als Heilmittel verzichtet werden.
Bei verletzungsbedingten Gallen ist immer auch nach äußeren Verletzungen, selbst kleinsten Hautverletzungen zu fahnden, auch um eine eventuelle Brucellose (Gonitis), oder andere Infektionsmöglichkeiten auszuschließen. Sind äußere Verletzungen auffindbar, so sind diese mit Echinacea- Urtinktur 1:5 mit Aquades verdünnt zu reinigen und mit Calendula-Salbe abzudecken, größere entsprechend zu versorgen. In solchen Fällen gebe ich immer 1 Doppelgabe Ledum palustre C 200 (Doppelgabe heißt 5 Globuli oder Tropfen im Abstand von 15 Minuten wiederholt). Doppelgaben wirken nach meiner Erfahrung sicherer, und vor allem sanfter als Einzelgaben. Ledum ist eine ausgezeichnete Tetanus-Prophylaxe.
Bei nicht nicht auszuschließender Brucellose-Gefahr setze ich die Bang-Nosode D 200 (Brucella abortus Nosode, nur von Stauffen-Pharma als D-Potenz lieferbar). Verdacht auf Brucellose besteht:
- wenn die betroffenen Gliedmaßen deutlich wärmer als die umliegenden Gebiete sind,
- oder wenn die Lymphbahnen und -knoten deutlich fühlbar werden,
- oder wenn das Pferd erhöhte Temperatur bis 38.5°C hat (Normaltemperatur 37.5°C)
- oder wenn äußere Wunden zu sehen sind, sowie kleinste Hautverletzungen.
Es sollten 3 Gaben zu je 5-10 Tropfen oder Globuli Bang-Nosode D 200 im Abstand von 24 Stunden gegeben werden.
Die Bang-Nosode, wie auch Ledum gebe ich immer zusätzlich zu den anderen in Betracht kommenden Mitteln.
Homöopathische Behandlung
Arnica C 30 oder C 200
- nach Verletzungen, Erschütterungen oder Überanstrengungen
- Hitze, Schmerz und Lahmheit
- 2 Doppelgaben, morgens und abends eine, 1 Tag lang
Apis C 30
- bei Schleimbeutelentzündungen oder
- schwellungen -hemmt die Entzündung, genügt oft als einziges Mittel um die Schwellung wegzubringen
- 4 x täglich eine Gabe, 3 Tage lang
Bryonia C 30
- Entzündung mit Berührungsempfindlichkeit
- Bewegung verschlechtert, fester Druck bessert, Ruhe bessert
- 4 x täglich eine Gabe, 3 Tage lang
Rhus toxicodendron C 1000
- bei Besserung durch Bewegung, Wärme
- akute Entzündung, die sich auf Bänder, Sehnen und
- scheiden erstreckt
- schlechter durch Feuchtigkeit, Kälte und Ruhe
- 1 x täglich eine Gabe, 5 Tage lang
Rhododendron C 30
- wie bei Rhus tox., jedoch bessert Bewegung nicht so deutlich
- ähnlich wie Rhus tox. schlechte durch Feuchtigkeit und Kälte
- besonders auffallend schlechter bei Wetterwechsel oder Gewitter
- 2 x täglich eine Gabe, 5 Tage lang
Ruta C 200
- bei Verletzung der Knochenhaut
- verhindert die Bildung von Exostosen (Knochengeschwulsten)
- 2 x täglich eine Gabe, 5 Tage lang
Kalium bichromicum C 30
- bei länger bestehenden Schwellungen
- unter Umständen schon chronisch gewordene Gallen
- und sich derb anfühlende Gallen
- wenn Apis nur unzureichend hilft
- 1 x täglich eine Gabe, 10 bis 18 Tage lang
Silicea C 200
- bei eindeutig chronischen Gallen
- wenn sie sich narbig anfühlen,
- wenn klare bis eitrige Flüssigkeit heraussickert
- 1 x täglich eine Gabe, 7 Tage lang
Strontium carbonicum C 200
- bei schon länger bestehenden ödematösen Verstauchungen oder -verrenkungen der Sprunggelenke
- 1 x täglich eine Gabe, 5 Tage lang
Sind die Gallen durch Verletzungen ausgelöst, ohne dass die Haut offen verletzt ist, wird eine Mischung aus Arnica- und Ruta Urtinktur 1:1 hergestellt, 1:10 mit Wasser verdünnt und 2 x täglich leicht eingerieben. Waren Überdehnung oder Überanstrengung auslösend, dann verwende ich ein Liniment aus Ruta – und Rhus tox. Urtinktur 1:1 gemischt und 1:10 verdünnt in gleicher Weise.
Es ist durchaus möglich zwei Mittel parallel innerlich zu geben, weil bei Verletzungen und als Folge von Überanstrengung in der Regel mehrere Gewebe beschädigt sind. Insofern sind oft durchaus zwei Totalitäten gleichzeitig zu erkennen. Natürlich achte ich dabei streng die homöopathischen Gesetzmäßigkeiten.
Zusätzliche Therapie
Kneippsche Güsse haben sich bei chronischen Gallen bestens bewährt. Sie müssen jedoch mindestens sechs Wochen 2 x täglich durchgeführt werden. Mit einem weichen, kalten Wasserstrahl werden alle vier Seiten der Extremität von unten nach oben und wieder runter jeweils 3 x angegossen. Hierfür eignet sich am besten eine Gießkanne ohne Tülle. Bei Störungen des Allgemeinbefindens wie Fieber usw., oder bei heiß entzündlichen Gallen muss von Kneippschen Güssen unbedingt abgesehen werden.
Fallbeschreibung
Fuchswallach 11 Jahre alt, eine Mischung aus Warmblut und Pony, z.Zt. als Reitpferd in der Reittouristik, hat bis zu seinem siebenten Lebensjahr Bäume aus dem Wald geschleppt und ist wohl zu früh in diese schwere Arbeit geschickt worden. Lebte in der Forst, auch sonst unter schweren Bedingungen. Jetzt geht es ihm deutlich besser, obschon dauernd wechselnde Reitanfänger im Gelände eine anstrengende, nicht gerade schonende Sache für ein Pferd sind. Er litt unter chronischen Fesselgelenksgallen an allen vier Beinen, welche beim Stehen schlechter und durch Bewegung besser wurden, aber nach längerer Bewegung waren sie schlechter als zuvor. Bei Überanstrengung ging er relativ schnell fühlig und auch lahm. Die Gallen waren weich, eindrückbar und in der Tiefe etwas derb, also etwas fibrinöses Gewebe war schon eingewachsen. Bisherige allopathische Behandlungen hatten keine dauerhafte Besserung gebracht und waren immer nur symptomatisch ausgerichtet.
Am 29.10.92 bekam er Apis C 30 3 x täglich 3 Tage. Die Schwellung ging etwas zurück, und die Beine liefen im Stand nicht mehr so an. Dann wurde 5 Tage lang Kalium bichromicum C 30 gegeben, worauf die Schwellungen deutlich zurückgingen, aber derbes, narbiges Gewebe zurückblieb. Daraufhin Silicea C 30 1 x täglich 7 Tage lang. Drei Wochen später war von den narbigen Verwachsungen noch ein Rest zu tasten, aber es beeinträchtigte den Wallach nicht mehr. Die Beine liefen nicht mehr an, und er war voll belastungsfähig. Äußerlich wurden die Gallen während der zweiwöchigen Behandlungszeit mit Arnica- und Rhus tox. Urtinktur, 1:1 gemischt und 1:10 verdünnt, 2-mal täglich leicht eingerieben.“
Hp Rocco Kirch
Siehe auch:
Rocco Kirch
Gelenksgallen (Bursitis)
Berliner Heilpraktiker Nachrichten 1997
Rocco Kirch in Roy / Lage – Roy
Homöopathischer Ratgeber Nr. 16/17 – Mensch und Tier –
Lage – Roy 1994 + 1997